Bogenschießen (2. Teil)
von Andrea Himmelstoß
Für einen gesunden Rücken
Doch besonders gesund ist Bogenschießen für die Rückenmuskulatur: "Durch die kontrollierte Aktion und Reaktion der Muskulatur wird der Rücken gestärkt und die Wirbelsäule entlastet", erklärt Harald Ritter. Viele Schützen berichten von einer Besserung bestehender Rückenprobleme. Durch die ständig wiederholten Bewegungsabläufe werden viele Muskelgruppen beansprucht und aufgebaut, von deren Existenz mancher gar nichts ahnt. Das macht den Sport gerade für Menschen interessant, die viel am Schreibtisch arbeiten. Am Schreibtisch sitzt man meist nach vorn gebeugt, doch beim Bogenschießen öffnet man sich und streckt den Brustkorb vor. Das ist ein gutes Gefühl!
Es gibt nur wenige Krankheitsbilder oder Handicaps, wie zum Beispiel Schulterverletzungen und Halswirbeloperationen, bei denen Bogensport nicht möglich ist. Sogar Blinde können das Bogenschießen erlernen. Statt des üblichen Visiers haben die blinden Bogenschützen eine spezielle Zieleinrichtung am Bogen montiert. Beim Visieren ertönt ein akustisches Signal. Der innere Zielpunkt auf der Scheibe ist nicht gelb, sondern weiß. Nach außen hin wird die Scheibe dunkler. Je exakter der Schütze nun die Mitte anvisiert, desto höher ist der Signalton.
Der olympische Bogen
Harald Ritter lehrt den Umgang mit dem olympischen Bogen, dem Recurvebogen, mit dem die Mehrheit der Schützen schießt. Diese Bögen haben nicht mehr viel Ähnlichkeit mit den Bögen aus der Zeit Robin Hoods. Sie bestehen aus einem Mittelteil, dem Griffstück, und Wurfarmen, die oben und unten an das Griffstück angebracht werden. Je nach Kraft des Schützen gibt es Wurfarme in unterschiedlicher Stärke. Ihren Namen verdanken die Recurvebögen der Biegung der Wurfarme, deren Spitzen im Ruhezustand in einer sanften Kurve auf das Ziel gerichtet sind. Fortgeschrittene Bogenschützen bringen Stabilisatoren an ihrem Bogen an, die den Bogen ruhiger machen, indem sie die Schwingungen kompensieren.
Wer sich ein wenig in die Zeit versetzen möchte, in der Pfeil und Bogen noch Jagd- und Kriegswaffen waren, dem sei der Langbogen empfohlen. Er wird ohne Visier und Stabilisation geschossen und gilt vielen als der Bogen, der am schwierigsten zu beherrschen ist. Das andere Extrem ist der Compoundbogen, bei dem die Sehne über Flaschenzüge gezogen wird. Compoundbögen wirken sehr kompakt und sind mit vielen technischen Finessen ausgestattet. Doch letztlich kommt es immer mehr auf den Schützen als auf die Technik an.
Die Ausrüstung
Manfred Reinhardt, Bogenschütze seit 1984, hat schon vielen Bogenschützen die Bedeutung einer guten und zum Schützen passenden Ausrüstung vermittelt: "Mittelteil und Wurfarme müssen aufeinander und den Schützen abgestimmt sein", sagt er und ergänzt: "Auch die Pfeile, sie werden aus Aluminium, Carbon oder einer Kombination dieser Materialien hergestellt, müssen dem Schützen individuell angepasst werden."
Doch rät Manfred Reinhardt jedem Anfänger davon ab, sich gleich mit einem eigenen Bogen auszustatten. "Besser ist es, zunächst mit einem Leihbogen Erfahrungen zu sammeln. Wenn dann später ein eigener Bogen gekauft wird, sind diese Erfahrungen sehr wertvoll. Außerdem entwickelt sich gerade beim Anfänger die Muskulatur recht schnell, so dass unter Umständen bald stärkere Wurfarme benötigt werden."
Sinnvoll sei es hingegen, wenn die Anfänger sich eine eigene Schutzausrüstung zulegen - und zwar Arm-, Brust- und Fingerschutz. Der Armschutz verhindert, dass die Sehne den Arm, der den Bogen hält, verletzen kann. Für Anfänger ist ein langer Armschutz empfehlenswert, der auch den halben Oberarm bedeckt. Der Brustschutz verhindert, dass die Sehne über die Kleidung streift. Er sollte sehr gut passen. Und der Fingerschutz, auch Tab genannt, schützt die Finger beim Spannen und Loslassen der Sehne.Neue Erfahrungen für Körper und Geist
In der geeigneten Ausstattung des Schützen sieht Manfred Reinhardt zwar eine Notwendigkeit, doch der Erfolg hängt vom Schützen ab. Wer mit dem Bogenschießen beginnt, sollte nicht damit rechnen, dass er mit einer besonders hochwertigen und vielleicht auch teuren Ausrüstung auch besonders gut schießt. Denn wichtig ist vor allem die Fähigkeit des Schützen, die neuen Bewegungsabläufe zu erlernen und sich auf die Faszination des Bogenschießens einzulassen. Dann öffnen sich die Türen zu neuen Erfahrungen, können Körper und Geist eine Einheit bilden und der Anfänger wird bald merken, wie gut ihm der Umgang mit Pfeil und Bogen tut.
Literaturhinweis
Zen in der Kunst des Bogenschießens (von Eugen Herrigel) beschreibt das Bogenschießen als meditativen Weg zur Erleuchtung. Die vorgestellte Art des Bogenschießens unterscheidet sich zwar von der europäischen, dennoch ist dieser Klassiker äußerst informativ.
Text und Fotos: Andrea Himmelstoß
Weitere Informationen im Web
- Bogenschießen - Allgemeine Informationen (Wikipedia).
Bogenschießen - « 1. Teil